Die Anfänge des Wasserfahrens

Mit auf weiten Strecken schiffbaren Flüssen ab Zürich, Bern und Konstanz war in früheren Zeiten ein reger Verkehr mit Waren und Flossen zu verzeichnen. Das Wasserfahren geht deshalb auf die frühere Flösserei zurück und wurde, wie aus der Koblenzer Zollverordnung hervorgeht, berufsmässig bereits um das Jahr 1200 herum rege betrieben.

MerianplanAuf dem 1615 ertsellten Basler Merianplan sind zahlreiche Weidlinge zu sehen.

Der Flussweg war besonders im Mittelland (AARE) beliebt und wurde vom Alten Bern als Verbindung bis ins Freiamt auch für polizeiliche Transporte benützt (Gegner des Patriziersystems wurden so um das Jahr 1800 auf die Festung Aarburg überführt).

Dem zufolge entstanden in Bern, Solothurn, Zürich, Schaffhausen, Baden, Laufenburg und Basel eigentliche Schifferzünfte, meist auch Fischerzünfte. Die erste Zunft wurde im Jahre 1336 gegründet.

In Basel entstand die Zunft zu Fischern und Schiffsleuten im Jahre 1354. Die beiden Innungen erhielten somit offiziellen Charakter und konnten deshalb dem städtischen Regiment beitreten und daran teilnehmen. Obschon jede der beiden Halbzünfte in ihren handwerklichen und gewerblichen Belangen völlig selbständig war und über ein eigenes Zunfthaus mit Stubenknecht verfügte, traten sie als politische Einheit auf.

Kein Zunftangehöriger durfte beide Handwerke zugleich ausüben. Dies wurde im Stiftungsbrief des Jahres 1354 festgelegt.

Die Fischer liessen sich trotz dieser Bestimmungen nicht davon abhalten an der einträglichen Beförderung der Pilger teilzunehmen und andererseits beanspruchten die Schiffsleute auch das Recht zur Fischerei. Dass dadurch Differenzen zwischen den eng miteinander verbundenen Handwerken unausweichlich waren, versteht sich von selbst.

Fischer wie Schiffer nahmen ihre Berufe sehr ernst. Dies zeigt die lange Lehrzeit der Schiffer. Wer sich zum Schiffer ausbilden lassen wollte, hatte vorerst während zwei Jahren als Ruderknecht zu dienen. Nach Ablauf der Zeit konnte er baslerische und fremde Schiffe talwärts und bergwärts fahren. Nach weiteren zwei Jahren (total 4 Jahre Lehrzeit) ersuchte der Steuermann um Aufnahme in die Zunft. War das zünftige Urteil günstig, wurde er aufgenommen unter gleichzeitiger Beförderung zum Schiffsmeister.

Um das Jahr 1820 wurde aus solchen Zünften eine Art Genietruppe gebildet. Ab dem Jahr 1850, ev. auch früher, wurden diese Pontoniereinheiten und Sappeure in der Schweizer Armee für Flussüberquerungen und zum Brückenbau eingesetzt. Stützen der damaligen (Militär-) Einheiten waren auch lose Vereine und Clubs, welche je nach Gutdünken der Behörde auch Subventionen erhielten.

Über die lange Zeit von 1354 bis zur Gründung der ersten Wasserfahrvereine gibt es leider keine genauen Angaben über die Sportart Wasserfahren. Man weiss lediglich, dass es damals den Fischer und Schiffer vorbehalten war mit ihren Booten Wettkämpfe zu bestreiten. So wie es die Flösser von jeher mit ihren Baumstämmen getan hatten. Durch die Gründung der ersten Wasserfahrvereine, wandten sich diese vom nur „militärischen“ Gebrauch ab, um Wasserfahren auch als Sportart und als Wettkampf zu betreiben.

Als erster Wasserfahrverein wurde im Jahr 1869 der Limmat Club Zürich gegründet. 1876 folgte der Rhein Club Rheinfelden, 1883 der Rhein Club Basel und 1884 der Fischer-Club Basel.

Am Anfang bestanden diese Wasserfahrvereine vorwiegend aus Fischern, welche nebenbei als Schiffsleute bei Wasser- und Uferbauten tätig waren, also schon in irgend einer Art und Weise mit dem feuchten Element WASSER verbunden und vertraut gewesen waren. Im Vordergrund ihres Tuns stand die Pflege des Wassersports, die Gesunderhaltung des Körpers und die Stärkung der Nerven. Vor allem aber das sich messen im sportlichen Wettkampf und das gesellige Beisammensein.

HirsebreifahrtEine Darstellung von der Ankunft der Zürcher Hirsebreifahrt in Strassburg aus dem späten 18. Jahrhundert.

Das Wasserfahren fand seinen Ausdruck nicht nur im sportlichen Wettkampf und geselligen Beisammensein, sondern auch in sogenannten Fern-, Ferien- oder Talfahrten. Die wohl berühmteste Talfahrt dürfte sicherlich die Hirsebreifahrt von Zürich nach Strassburg (F) im Jahre 1456 sein.

Dazu ein kurzer Ausflug in die Geschichte der Hirsebreifahrt.

In Strassburg wurden in frühester Zeit Freischiessen durchgeführt. Dazu wurden auch Schützen aus anderen Ländern und aus Zürich eingeladen. Es soll dann zu einer Wette zwischen Strassburgern und Zürchern gekommen sein.

Die Zürcher behaupteten, falls Strassburg während Kriegswirren belagert werden sollte, sie es fertig bringen würden, einen Topf mit warmem Hirsebrei, am gleichen Tag an dem dieser zubereitet wird, auf dem Wasserwege von Zürich nach Strassburg zu fahren. Der Hirsebrei sollte dann noch warm sein. Und tatsächlich, im Jahre 1456 lösten die Zürcher ihre Wette ein und gewannen diese. Heute dauern die Hirsebreifahren etwas länger und sind sicher auch lustiger.

Unsere Sportgeräte und Sportorte

Die ersten Schiffe waren noch Eigentum von Vereinsmitgliedern, welche diese auch zur Ausübung ihres Berufs als Fischer und Schiffer benötigten.  Erst als es immer weniger Fischer und Schiffer gab, die den schönen Sport Wasserfahren ausüben wollten, wurden in den Vereinen auch Mitglieder anderer Berufsarten aufgenommen. So konnte der Sport überleben und bis in die heutige Zeit erhalten bleiben.

Im 16. Jahrhundert benutzten unsere Vorgänger sogenannte Jag-Schifflein, Nauen oder Fischerboote und befuhren damit unsere Gewässer. Die schweizerischen Flüsse verlangten kleinere, wendigere Fahrzeuge (Stromschnellen u.s.w.) woraus der heutige Weidling, als gebräuchlichere Bootsart hervorging

Ebenso wurde ein längerer Weidling, welcher ca. 14 m lang war, (das heutige Langschiff) für Warentransporte benutzt. Dies ersten Weidlinge und Langschiffe waren aus Holz gefertigt und kosteten um die Jahrhundertwende ca. CHF 80.— . Um 1913 konnte man ein Langschiff für ca. CHF 100.— erwerben.

Heute sind die Weidlinge und Langschiffe vorwiegend aus Kunststoff gefertigt. Ein Weidling kostet ca. CHF 27'000.—. Für die Anschaffung eines Kunststoff-Langschiffes mit allem drum und dran muss man heute schon über CHF 100'000.— bezahlen.

Ein Weidling ist ca. 10 m lang und ca. 320 kg schwer. Das Langschiff ist ca. 15 m lang und ca. 1‘700 kg schwer. Inklusive Material und Rudermannschaft wiegt das Langschiff gegen 2'500 kg.

Dass Wasserfahren seinen schweizerischen Ursprung hat, dürfte auch dadurch bewiesen sein, dass es nur in der Schweiz betrieben wird. Es hat auch keine Nachahmung im Ausland gefunden.

Das Wasserfahren wurde früher nur auf schnell fliessenden Flüssen und Strömen betrieben.

Durch den Bau der Wasserkraftwerke mussten Vereine umgesiedelt werden und wurden zu sogenannten „Stausee-Vereinen.“ Es sind dies in der Agglomeration Basel, der AWS Birsfelden, der WFV Birsfelden, der WFV Muttenz und der WFV Ryburg-Möhlin.

Die Wasserfahrer sind in den Regionen Bern, Zürich, Aargau und Basel angesiedelt. Mit Sicherheit darf man Basel als Hochburg der Wasserfahrer bezeichnen. Hier sind nicht weniger als neun Wasserfahrvereine ansässig.

Wie früher gelten noch heute bei den Wasserfahrern die Leitsätze:

„Den Wellen zum Trutz dem nächsten zum Schutz“

und

„Der brave Mann denkt an sich selbst zuletzt“

Wie fährt man Wasser?

Der Weidling wird dem Ufer entlang, beidseits des jeweiligen Flusses (auch am Seeufer möglich), mit dem Stachel (auch Schalte genannt) gegen den Strom und somit vorwärts bewegt. Dies kann alleine (Einzelfahren) oder auch zu zweit (Paarfahren) ausgeübt werden. Um einen Fluss (auch See) zu queren wird vom Stachel zum Stehruder gewechselt. Auch dies ist alleine oder zu zweit möglich.

Das Ruder liegt dazu lose in einem Rudernagel (auch Ruhnagel oder Kreuz genannt) und kann durch entsprechende Bewegungen nach links (Schwellen) oder rechts (Handhoch) bewegt werden. Schwellen heisst das Ruder von hinten nach vorne (leicht abgewinkelt) durch das Wasser zu ziehen. Handhoch heisst, das Ruder senkrecht im Wasser von vorne nach hinten zu drücken und anschliessend über dem Wasser wieder nach vorne zu bringen. Werden die beiden Bewegungen bei der Ruderbewegung quasi vereint fährt das Schiff geradeaus.

Von April bis September können Sie dies auf den vorerwähnten Flüssen und bei allen Wasserfahrvereinen im Massstab 1:1 sehen und vielleicht auch selber ausprobieren. Wie wär's?

Nebst diesem Stehrudern und Stacheln gibt es aber noch das so genannte Schlagruderfahren. Dazu werden im Weidling Bänke angebracht und dieser durch galeerenartiges Rudern (4 Mann), vorwärts bewegt. Gesteuert wird der Weidling dann mit einem Steuermann. Das Gleiche gilt für das Langschiff, wo 8 – 10 Mann rudern, jedoch zwei Steuerleute und zusätzlich ein sogenannter Taktmann benötigt wird. Jedes Jahr werden in Basel die sogenannten Schlagrudermeisterschaften durchgeführt, welches beim Publikum auf grosses Interesse stösst.

Vereine und Verbände

In der ganzen Schweiz gab es früher 32 Wasserfahrvereine die in zwei Verbänden zusammengeschlossen waren. Einerseits im 1919 gegründeten Verband Schweizerischer Wasserfahrvereine (VSWV, 20 Vereine) und andererseits im 1921 gegründeten Satus Wasserfahrer Verband der Schweiz (SWVS, 12 Vereine). Zwischenzeitlich haben sich zwei Vereine aufgrund Mitgliedermangels aufgelöst.

Durch den Zusammenschluss der vorerwähnten Verbände wurde in Basel im Rest. Rhypark, am 24. November der Schweizer Wasserfahrverband (SWV) gegründet. Dem SWV gehören nach wie vor 30 Vereine an.

Im Jahre 1893 wurde der Schweizerische Pontonierfahrverband (SPFV) als erster Verband gegründet. Dieser hat aufgrund anderer Reglemente und Wettkampfarten mit dem Wasserfahren wie er im SWV betrieben wird, nur entfernt etwas zu tun. Wobei die Grundausbildung beider Verbände die Gleiche ist. Regional haben sich die Vereine auch zu Unterverbänden zusammen geschlossen.

Alle Vereine bilden zukünftige Wehrmänner (Pontoniere) aus. Diese müssen in ihrer Jugendzeit sogenannte Leistungsprüfungen ablegen, welche durch das Militär geprüft werden. Meistens sind dies Wasserfahrer, welche im Militär einen höheren Unteroffiziersrang oder einen Offiziersrang bekleiden.

Nebst dem fahrerischen Können müssen sie auch eine Schwimm- und Knotentechnikprüfung ablegen. Als Anerkennung erhalten sie bei bestandener Prüfung ein Abzeichen, welches meistens an den Trainerärmeln, angebracht wird.